MG Marvel R Front
Fahrbericht
Lang lebe der neue König

Die neuen MG sind anders, als man es vermutet.

Britische Autos müssen sich oft mit reichlich barockem Zierrat, monarchistischen Assoziationen und einer ellenlangen Ahnenreihe, die fleißig zitiert werden möchte, abmühen. Das alles muss MG nicht. Auch, weil sich die neuen Markeneigner für eine radikale Neuausrichtung der Marke entschieden haben. Britisch ist nur noch der Name. Und das Logo. Alles andere kommt aus dem Reich der Mitte – und überrascht.

Alle Modelle von MG auf

Seit 2020 ist der ZS EV auf heimischen Straßen unterwegs. Das Elektro-SUV ist kompakt in den Abmessungen, unauffällig in der Erscheinung und moderat im Preis. Gut, das kann man auch der Homepage entnehmen – darum haben wir eine Probe aufs Exempel gemacht. Nach mehreren Wochen und rund 3,5 tausend Kilometern gibt es ein Fazit: Ganz schön gut. Näheres dazu gibt’s im Dauertest-Bericht weiter unten. In jedem Fall ist es so gut, dass wir uns tatsächlich auf die kommenden Modelle freuen. Denn die werden ebenfalls elektrisch, heben sich aber optisch vom nüchternen ZS EV ab. Der Shootingstar im Hause MG ist sicherlich der Marvel R. Markante Kurven, eine hohe Schulterlinie und riesige Räder lassen durchaus sportliche Noblesse erkennen. Vorne gibt’s ein Leuchtband, hinten ebenfalls. Dazwischen eingelassene Türgriffe und Kiemen hinter den Vorderrädern. Fesch, fesch – auch innen. Klares Design und ein fetter, 19,4 Zoll großer Bildschirm dominieren das Cockpit. Wenn wir den ZS EV als Gradmesser hernehmen, wird auch die Verarbeitung zu gefallen wissen.

MG Marvel R Cockpit

Marvel ist nicht nur der Name des erfolgreichsten Comicuniversums, sondern auch der der neuen MG Speerspitze. Übersetzt bedeutet er übrigens „Wunder“. Viel High Tech, viel Design – im Interieur erschnüffeln wir einen Hauch von Premium.

Was garantiert gefällt, sind die 212 kW, also 288 PS aus drei Motoren, die den allradgetriebenen Marvel R in 4,9 Sekunden auf Landstraßentempo schnalzen. Eine Batterieladung soll für mehr als 400 Kilometer reichen. Diesen Wert teilt sich der Marvel mit dem zweiten MG-Neuling. Der hört auf den schlichten Namen 5 und wird der erste rein elektrische Kombi sein. Eigentlich ist es ein Wahnsinn, dass erst ein chinesischer Brite kommen muss, um die in Mitteleuropa so beliebte Karosserieform zu elektrisieren.

MG5 Seite

Der MG5 ist der erste, rein elektrische Kombi. Faszinierend, dass davor noch niemand auf die Idee gekommen ist.

Mit 578 bis 1.456 Litern Kofferraumvolumen könnte der MG 5 praktisch genug Auto für die meisten Haushalte sein. Schnell genug ist er auf jeden Fall. 135 kW, also 184 PS, beschleunigen den kompakten Kombi in nur 8,3 Sekunden auf Tempo 100. Genauso wie der Marvel R beherrscht auch der 5 dreiphasiges Laden. Preise für den Kombi behält MG noch für sich, den Marvel R gibt’s in der Basisversion ab 40.000 Euro. Dann verringert sich die Zahl der Motoren von drei auf zwei und die der angetriebenen Räder von allen vieren auf die beiden Hinteren, was aber dem dynamischen Auftritt keinen Abbruch tut.

Dauertest

Man kann schon sagen, der Mutterkonzern SAIC hat sich in den letzten 33 Jahren vom Joint Venture Partner VW zeigen lassen, wie man Autos zusammenbaut. Spaltmaße, Verarbeitung und auch die Materialien im Sichtbereich sind durchaus hochwertig und weit über dem, was man in dieser Preisklasse erwartet. Das gilt auch für den Vortrieb. Die 143 PS sind bei durchgetretenem Gaspedal durchaus heftig, das wahre Talent des ZS erkennt man aber erst, wenn man gemütlich cruised. Erstens, weil der Charakter des MG eher ein komfortabler als athletischer ist, zweitens, weil man weit kommt. Im Prospekt stehen 265 Kilometer. Wir schaffen stets 300. Wenn man es wirklich drauf ankommen lässt, verbraucht der MG ZS EV weniger als 10 kWh auf 100 Kilometer, bei angegebenen 16,9 kWh. Erst einmal sind wir über den Durchschnittsverbrauch gekommen – auf einer Autobahnfahrt Richtung Wachauring. Auffallend sind das gute Platzangebot und die luftige Atmosphäre, verstärkt durch das große Glasdach.